In Deutschland kennen wir das Problem eigentlich nicht. Alles wird unter super hygienischen Bedingungen hergestellt und oftmals viel früher entsorgt, als es wirklich nötig wäre. In anderen Ländern ist das anders. Besonders die klimatischen Bedingungen sorgen einfach für einen anderen Befallsdruck. Als Segler sollte man sich frühzeitig Gedanken über den Schutz gegen Ungeziefer wie Insekten, Kakerlaken und anderem Getier machen.
Schutz gegen Insekten, Kakerlaken und anderes Getier
Schon in Griechenland habe ich Nudeln gekauft, die nach ein paar Monaten in der Bilge angefangen haben, ein Eigenleben zu entwickeln. In der einen Plastikverpackung konnte man schön die kleinen schwarzen Krabbelviecher zwischen den hellen Nudeln erkennen. Glücklicher Weise war nur die eine Packung befallen. Je weiter man sich von Europa entfernt, desto öfter kann das vorkommen.
Bohrkäfer
Der Bohrkäfer ist ein ganz besonders unangenehmer Zeitgenosse an Bord eines Segelschiffs. Einmal an Bord bohren sie sich durch alle Papp- und Plastikverpackungen und legen dort ihre Eier ab. Bevorzugt in Getreide. Wer genaueres zu dem Käfer lesen möchte, kann auch auf Wikipedia nachlesen.
Als Schutz gegen Insektenbefall empfiehlt es sich, Nudeln, Reis und Mehl in Plastikflaschen umzufüllen. Außerdem ist es zudem ein Feuchtigkeitsschutz für die Lebensmittel. Beschrifte die Flaschen mit Inhalt und Datum. Falls doch einmal eine Flasche mit diesen kleinen Krabbelviecher befallen wird, ist nicht gleich der ganze Vorrat hinüber, sondern nur eine Flasche. Hier sind es vor allem die Bohrkäfer, die sich durch mühelos durch Plastik- und Pappe Verpackungen bohren.
Meist sind schon die gekauften Produkte schon von den Viechern befallen. Sie können einfach abgesiebt werden, bevor man die Lebensmittel benutzen will. Auch kann man die Spaghetti in kaltes Wasser geben, wo die toten Tierchen oben auf schwimmen und abgeseiht werden können. So richtig lecker ist das aber nicht. Der eine oder andere mag sie sarkastisch „Extra-Protein“ nennen. Die Spaghetti schmecken aber wohl nur noch dem, der die toten Tiere nicht gesehen hat.
Die festen PET-flaschen von 1 oder 5 Liter Wasserflaschen scheinen zu fest für die Käfer zu sein.
Ist der vorbeugende Schutz gegen Ungeziefer dieser Art doch einmal fehlgeschlagen, hat man sie entdeckt, hilft leider nur wenig. Will man versuchen, die Insekten zu töten, hilft nur noch reiner Ethylalkohol (Weingeist) in flüssiger Form. Ein Schnapsglas voll in einen der insektenbefallenen Getreidekanister und ein paar Tage später hat es sich ausgekrabbelt. Da hat man dann allerdings noch die „Leichen“ der kleinen Tierchen im Getreide, die kann man dann mittels eines Siebs aussortieren und das Getreide dann normal weiter benutzen. Ist meiner Meinung nach aber nur was für „Hartgesottene“.
Kakerlaken
Kakerlaken, oder Cockroaches, sind bei uns in Deutschland schon fast in Vergessenheit geraten. Nicht aber in anderen Ländern. Kakerlaken gibt es in verschiedenen Größen, von fast niedlichen 1 cm langen Tieren bis hin zu den bekannten „Riesen“ der tropischen Zonen von bis zu 8 cm.
Spätestens außerhalb des europäischen Festlandes sollte man schon beim an Bord nehmen damit anfangen, an die Krabbelviecher zu denken. Man findet oftmals den Tipp, jegliche Einkäufe vorher komplett in Salzwasser zu tauchen und von Konservendosen die Etiketten zu entfernen, da dort oft Kakerlaken ihre Eier ablegen. Eine meine größten Ängste ist es, irgendwie diese kleinen Krabbelviecher an Bord zu schleppen. Wobei sie nicht gefährlich sind, sie stechen und beißen nicht, aber sie sind eklig und unangenehm.
Auch Obst, wie Bananen oder Eierkartons sind beliebte Ablageplätze für die Kakerlakeneier. Also, so viel Verpackung wie möglich an Land lassen, direkt umpacken oder gnadenlos komplett in Salzwasser tauchen. Salzwasser kriegt nicht nur die schöne rote Farbe auf Deck kaputt, sondern auch unerwünschte Insekten. Dies gilt auch für Obst und Gemüse. Taucht man die Bananenstaude ins Wasser schwimmen die Tiere gleich auf und man weiß Bescheid.
Geschmacksempfindliche Lebensmittel wie Erdbeeren oder Pfirsiche braucht man natürlich nicht in Salzwasser zu tauchen. Hier reicht es oft, die Verpackung zu entfernen und mit Süßwasser abzuspülen.
Wehrert den Anfängen, der beste Schutz gegen Ungeziefer
Es gibt zur Vorbeugung und Bekämpfung verschiedene Fallen, die man kaufen kann. Die Marke „Raid“ gibt es fast weltweit im Supermarkt zu kaufen. Diese müssen an allen dunklen Stellen im Boot verteilt werden. Hinter der Toilette, in den Schapps, in der Bilge, einfach überall. Diese müssen regelmäßig kontrolliert werden. Sie sollten nicht erst bei Befall eingesetzt werden, sondern schon vorbeugend.
Denn, ist das „Kind erstmal in den Brunnen gefallen“, ist es gar nicht so einfach, die lichtscheuen Insekten wieder los zu werden. Wenn nicht unmöglich. Wehret den Anfängen, also. Normaler Weise schleppt man sie über gekaufte Verpackungen oder Lebensmittel an Bord. Zu machen Jahreszeiten fliegen sie auch an Bord. Da kann man die größeren Exemplare relativ leicht ausmachen und als Einzeltiere noch mit Fliegenklatsche und Pantoffel bekämpfen.
Gruselgeschichten darüber, wie sich Armeen von Kakerlaken hinter der Verkleidung verstecken, so dass die Wand schwarz war vor Tieren, wird jeder schon einmal gehört haben. Wer auch nur mit der Vermutung eines Befalls nach Australien oder Neuseeland einreist, der muss von Bord während das ganze Boot (bis zum Mast) eingehaust und tagelang ausgeräuchert wird. Die nicht unerheblichen Kosten sind natürlich vom Bootseigner zu tragen. Es gibt unterschiedliche Angaben, aber was ich finden konnte von betroffenen Seglern war alles dabei von 2.500 € bis hin zu geschlagenen 15.000 €!
Beschrifte die Dose
Die von den Etiketten befreiten Dosen kann man mit einem wasserfesten Stift (z.B. einem Edding) beschriften, was ist drin und wann hat man es an Bord genommen. Zweieinhalb Jahre nach der Beschriftung und Lagerung in der Bilge konnte ich meine eigene Beschriftung immer noch gut lesen. Wer allerdings auf Nummer Sicher gehen will, kann die Dosen auch noch mit Klarlack einpinseln.
Das wirkt auch der allgemeinen Feuchtigkeit an Bord entgegen, denn schon nach einigen Monaten kann es sein, dass sich die Etiketten sowieso von alleine lösen und dann kann man die süßen Pfirsiche nicht mehr von den Chilibohnen unterscheiden, solange man die Dose nicht aufmacht. Aber wie lange halten sich Lebensmittel überhaupt frisch an Bord?
Zudem kann es sein, dass die abgelösten Etiketten in der Bilge die Bilgenpumpe verstopfen. Denn in Realität gibt es kein Schiff, dass niemals Leckstellen hat, kein Kondenswasser bildet und nie Bullaugen, Luken oder Niedergang bei einer einsteigenden Welle offen stehen hat.
Ratten und Mäuse
Ratten und Mäuse sind genauso ungern gesehene Gäste an Bord eines Segelschiffes. Nicht nur, weil sie gerne Kabel und Lebensmittel anknabbern, sondern auch weil sie vielerlei Krankheiten übertragen und ihren Kot an dunklen und kaum zugänglichen Stellen im Boot ablegen. Besonders deshalb sollte man sich frühzeitig um den Schutz gegen dieses Ungeziefer kümmern. Sie klettern oftmals über Festmacherleinen in Marinas an Bord. Als Schutz gibt es die sogenannten „Rattenteller“, die man über die Festmacher zieht oder indem man vor Anker liegt. Die kann man entweder recht teuer bei Topplicht kaufen oder wer sie günstiger erstehen will, klickt hier und kauft bei Amazon.*
Man muss aber keine teuren Produkte kaufen, es reicht völlig eine Plastikflasche aufzuschneiden und diese mit der offenen Seite zum Steg hin über die Leinen zu ziehen. Hier sollte man aber nicht nur an die Festmacher denken, sondern an alle Verbindungen zu Land. Stromkabel, Wasserschlauch inklusive. Die Gangway bei Nicht-Benutzung immer hoch ziehen. Diese Tiere sind unglaublich intelligent und mag gar nicht glauben, wie einfallsreich sie sind, wenn sie an Bord kommen wollen.
Hat man doch einmal Pech gehabt, wie unsere Freunde von der Pintail, die im Mittelmeer Besuch von einer Ratte an Bord hatten, gibt es vielerlei Möglichkeiten. Lebendfallen sind sicher eine Option, als Köder kann ich Nutella empfehlen. Käse tut es zwar sicher auch, aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Nutella sehr viel effektiver ist, als Käse. Einen guten Kleks in die Falle geben und warten.
Aber was macht man dann mit dem lebenden und gefangenen Tier? Ist man so mutig und bringt es selbst in der Falle um (ertränken zum Beispiel), kann man die Falle selbst auch gleich mit wegwerfen, da Ratten eine extrem feine Nase haben und sie es irgendwie riechen, dass dort schon mal eine andere Ratte gestorben ist. Niemals wieder wird eine andere Ratte dort ihren Fuß hineinsetzen, egal wie verlockend der Köder auch sein mag. Daher sollte man immer einen kleinen Vorrat an Fallen an Bord haben. Dann gibt es Klebefallen, auf die das Tier läuft, dort festklebt, sich nicht mehr bewegen kann und dann entweder an Ort und Stelle verstirbt oder anderweitig entsorgt werden muss.
Gift ist eine Option, der ich persönlich kritisch gegenüber stehe. Erstens kann man nie sicher sein, nicht aus Versehen einmal selbst damit in Berührung zu kommen und hat man Kinder an Bord, die einfach alles in den Mund nehmen, ist davon mehr als abzuraten. Zudem wirkt Gift langsam, das heißt die Ratte oder die Maus wird sich zum sterben an einen dunklen, einsamen Ort zurückziehen. Den muss man dann erstmal finden, um den Kadaver entsorgen zu können. Und will man wirklich warten, bis einem der Gestank den Weg weist? Wohl kaum.
Ameisen
Ameisen sind eine weitere Plage, die sich auf Segelbooten findet. Es müssen gar nicht die großen roten oder schwarzen sein. Auch und besonders die keinen Exemplare können einem den letzten Nerv rauben.
Auch wir hatten in Portugal ein paar der kleinen Viecher an Bord. Die gekauften Fallen haben sie beflissentlich ignoriert und sind weiter fröhlich in der Pantry umhergekrabbelt. Gift funktioniert zwar gut, aber das wollte ich in der Küche wirklich nicht ausstreuen, da ich nicht Gefahr laufen wollte, dass unser eigenes Essen damit in Berührung kommt. Immer, wenn wir die kleinen Tiere gesehen haben, haben wir sie mit einem Küchenkrepp zerquetscht und entsorgt. Zudem habe ich nach einem Monat angefangen, Backpulver auszustreuen. Nicht die schönste Methode für die Tiere, aber leider einfach effektiv. Hier muss man von Beginn an hartnäckig und konsequent sein. Mehr als ein Segler hat den Kampf gegen diese Insekten schon aufgegeben und lebt nun in mehr oder weniger friedlicher Koexistenz mit ihnen.
Termiten
Da habe ich auch noch etwas Neues gelernt. Ja, genau: Termiten. Diese kleinen Viecher bei denen man zuerst an die Wüste Afrikas denkt und an die hohen Gebilde, die sie bauen.
Freunde von mir, zwei Schweizer, die auf ihrem Katamaran unterwegs sind und mit uns allen ihr Lieblingsrezept für Sauerteigbrot geteilt haben, hatten genau das Problem in der Karibik. Hier der Blogeintrag zum Nachlesen: Ungebetene Gäste an Bord. Termiten.
Termiten sind staatenbildende Tiere, das bedeutet sie leben wie Ameisen oder Bienen in Horden zusammen. Es gibt pauschalisierend gesagt zwei verschiedene Arten. Erdtermiten und Holztermiten. Bevorzugtes Futtermittel ist Zellulose, das in Holz vorkommt (in rauen Mengen im Innenausbau eines Schiffes zu finden) aber auch in Büchern, Geldscheinen und Seekarten.
Woran erkenne ich den Befall mit Termiten?
- Prüfe auf kleine Löcher im Holz, wo sich das Holz um das Loch herum aufhellt ist ein Befall wahrscheinlich
- Kannst du irgendwo geflügelte Termiten sehen? Oder die abgeworfenen Flügel? Dann solltest du besonders wachsam sein.
- Achte auf Schmutzröhren im Holz. Diese sind meist Bleistiftdick und dienen als “Strasse” für die Kolonie um sich unterirdisch bewegen zu können.
- Siehst du die kleinen Kotkügelchen irgendwo? Durch kleine Löcher im Holz quetschen sie die schwarzen Kügelchen heraus. Kehre sie einmal weg und prüfe am nächsten Tag, ob neue Kügelchen da sind. Wenn ja, ist es an der Zeit etwas zu unternehmen.
Was kann ich also tun, um mein Boot zu schützen?
Am wirkungsvollsten ist beim Bau des Bootes ein Insktizid direkt auf das Holz im Innenausbau aufzubringen. Da nun aber die wenigsten eine eigene Werft besitzen oder sich ihr Boot selber bauen, ist das wohl wenig praktikabel.
Termiten fressen Zellulose. Solltest du also den Verdacht haben, dass dein Boot befallen ist, dann stelle eine Falle auf. Leicht angefeuchtete Pappe, Papier da hinstellen, wo du die meisten Tiere vermutest. Am kommenden Tag prüfen. Falls du Tiere findest, schaffe die Pappe sofort über Bord und wiederhole den Vorgang.
Sonneneinstrahlung und Frost sollen auch helfen, sind aber aufgrund der festen Einbauten in Schiffen auch kaum praktikabel.
Nematoden kann man sich im Internet besorgen. Diese speziellen Fadenwürmer sind für den Menschen ungefährliche. Sie nisten sich als Parasit in der Termitenlarve ein, was diese innerhalb von 48 Stunden umbringt. Setze die Würmer nach Sonnenuntergang oder in den frühen Morgenstunden aus. Wenn die Larven sterben, kann die Kolonie nicht wachsen. Allerdings verkleinert das die Kolonie auch nicht.
Falls du Zugang zu Borsäure hast, ist das ein gutes Mittel der Wahl. Streiche unter Beachtung der Vorsichtsmaßnahmen ein Stück Pappe ein und platziere es so nah wie möglich an der Kolonie (oder da, wo du sie vermutest). Borsäure ist äußerst effektiv gegen Termiten, denn es schädigt das Nervensystem und tötet sie ab. Nach einiger Zeit solltest du Termitenkadaver finden.
Wenn das alles nichts hilft, dann musst du in den sauren Apfel beißen und dir professionelle Hilfe holen. Dann musst du das Boot komplett ausräumen, während es mit einem Insektizid behandelt wird.
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